Schlagwort-Archiv: Zukunft

sich ins Bessere denken

„Sich ins Bessere denken, das geht zunächst nur innen vor sich. Es zeigt an, wieviel Jugend im Menschen lebt, wieviel in ihm steckt, das wartet. Dies Warten will nicht schlafen gehen, auch wenn es noch so oft begraben wurde, es starrt selbst beim Verzweifelten nicht ganz ins Nichts. Auch der Selbstmörder flüchtet noch in die Verneinung wie in einen Schoß; er erwartet Ruhe. Auch die enttäuschte Hoffnung irrt quälend umher, ein Gespenst, das den Rückweg zum Friedhof verloren hat, und hängt widerlegten Bildern nach. Sie vergeht nicht an sich selber, sondern nur an einer neuen Gestalt ihrer selbst. Daß man derart in Träume segeln kann, daß Tragträume, oft ganz unentdeckter Art möglich sind, dies macht den großen Platz des noch offenen, noch ungewissen Lebens im Menschen kenntlich.“

[Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Erster Band, Franfurt/Main, 1959/1973 S. 224/225]

face-à-face

„Das Verhältnis zur Zukunft, die Anwesenheit der Zukunft in der Gegenwart, scheint sich allerdings zu vollziehen in der Situation des /Von-Angesicht-zu-Angesicht mit dem anderen. Die Situation des Von-Angesicht-zu-Angesicht wäre der eigentliche Vollzug der Zeit; das Übergreifen der Gegenwart auf die Zukunft ist nicht die Tat eines einsamen Subjekts, sondern das intersubjektive Verhältnis. Die Bedingung der Zeitlichkeit liegt im Verhältnis zwischen menschlichen Wesen oder in der Geschichte.“

[Emmanuel Lévinas, Die Zeit und der Andere, Hamburg, 1989, S. 51]

„La relation avec l’avenir, la présence de l’avenir dans le present semble encore s’accomplir dans le face-à-face avec autrui. La situation de face-à-face serai l’accomplissement même du temps; l’emplétement du présent sur l’avenir n’est pas le fait d’un sujet seul, mais la relation intersubjective. La condition du temps est dans la rapport entre humains ou dans l’histoire.“

[Emmanuel Lévinas, le temps et l’Autre, 1979]

l’avenir

„Die Zukunft des Todes, seine Fremdheit, läßt dem Subjekt keinerlei Initiative. Es gibt einen Abgrund zwischen der Gegenwart und dem Tod, zwischen dem Ich und der Anderheit des Geheimnisses. Wir haben nicht darauf insistiert, daß der Tod die Existenz anhält, daß er Ende und Nichts ist, sondern darauf, daß das Ich angesichts des Todes absolut ohne Initiative ist. Den Tod besiegen ist kein Problem des ewigen Lebens. Den Tod besiegen heißt, mit der Andernheit des Ereignisses ein Verhältnis unterhalten, das doch noch persönlich sein soll.

Welches ist also dieses persönliche Verhältnis, das etwas anderes ist als das Vermögen des Subjekts über die Welt, und das dennoch die Persönlichkeit bewahrt? Wie kann man eine Definition des Subjekts geben, die in gewisser Weise auf seiner Passivität beruht. Gibt es im Menschen eine andere Herrschaft als diese Mannhaftigkeit, als dieses Können des Könnens, des Ergreifens des Möglichen? Wenn wir sie finden, dann wird in ihr, in diesem Verhältnis, die Zeit ihren eigentlichen Ort haben. Ich habe das letzte mal gesagt, daß dieses Verhältnis das Verhältnis zum anderen ist.“

[Emmanuel Lévinas, „Die Zeit und der Andere“, Hamburg, 1989 S. 51/52 – Orginal „Le Temps et l’Autre“, 1979]