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Wunder im Mittelalter

>>Die moderne Forschung hat sich mit ihrem „hyperkritischen Rationalismus“[1] der Hagiographie gegenüber lange Zeit schwergetan. Oft hat sie aus der Viten- und Mirakelliteratur nur das historische Material herausgebrochen und dabei deren Genus verkannt. Hagiographisch wichtige Passagen, etwa die Visionen und Wunder, sind in den Ausgaben der >Monumenta Germaniae Historica< zuweilen einfach weggelassen.[2] In Wirklichkeit spiegelt diese Literatur ein bestimmtes Weltbild, innerhalb dessen sie eine konsequente Logik verfolgt. Man kann die Viten darum weder als Aberglauben abtun noch als Poesie verklären. Anstoß erregten insbesondere die Wunder: Das leichtgläubige und wundersüchtige Mittelalter! Heute fällt das Urteil vorsichtiger aus. Eine mentalitätsgeschichtliche Rekonstruktion der zeitgenössischen Vorstellungen und des dazugehörigen Weltbildes machen vieles ‚verständlich‘, in gewissem Maße auch die Wunder. „Es geht nicht an, die tausendfache Überlieferung von Wundern, unter denen Heilungsmirakel vorherrschen, ausschließlich damit zu erklären, daß hier entweder Legendenmotive übertragen oder wirkliche Vorkommnisse umstilisiert … wurden … Wir können nicht von vorherein ausschließen, daß im Umkreis der Heiligen sich Ereignisse abspielten, die über den Rahmen des üblichen Geschehens und vielleicht auch dessen, was der ‚aufgeklärte‘ Mensch heute im allgemeinen für möglich hält, hinausgingen und eben den Ruf der Heiligkeit und Auserwähltheit begründet haben.“[3]<<

 

[Arnold Angenendt in „Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München, 1994, S. 143]

[1] Lotter Friedrich, Methodisches zur Gewinnung historischer Erkenntnisse aus hagiogr. Quellen, in HZ 229 (1979), S. 305

[2] z.B. die Edition der Vita Aldegunis durch Levison

[3] Lotter, Severinus von Noricum. Legende und historische Wirklichkeit, Stuttgart, 1976, S. 92 f

Kinder…

„haben gegenüber Erwachsenen einen unschätzbaren Vorteil: Sie richten ihr Handeln nicht ständig an einem schon vorab gegebenen Sinn aus, sondern lassen sich vorurteilslos auf das Erleben des unendlichen Potenzials der Gegenwart ein.

Und diese Offenheit lohnt sich. Denn wenn die üblichen Denkschablonen fallen, öffnet sich der Blick für die außergewöhnlichen, verstörenden und mitunter auch wunderbaren Seiten des Daseins.“

[Ulrich Schnabel im Artikel „Wundert euch! Eine Hamburger Ausstellung lehrt, das Außergewöhnliche im Selbstverständllichen zu entdecken“, ZEIT-Ausgabe vom 6. Oktober 2011, S.64]