Schlagwort-Archiv: Wittgenstein

ein schönes Bild

„Unsere Sprache kann man ansehen als eine alte Stadt: Ein Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern, und Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten; und dies umgeben von einer Menge neuer Vororte mit geraden und regelmässigen Strassen und mit einförmigen Häusern.“

[Ludwig Wittgenstein, §18, Philosophische Untersuchungen, 1945]

nochmal Wittgenstein

„Dieses Buch ist für solche geschrieben, die seinem Geist freundlich gegenüberstehen….

Ich möchte sagen >dieses Buch ist zur Ehre Gottes geschrieben<, aber das wäre heute eine Schurkerei, d.h. es würde nicht richtig vestanden werden. Es heißt, es ist in gutem Willen geschrieben und soweit es nicht mit gutem Willen, also aus Eitelkeit etc., geschrieben, soweit möchte der Verfasser es verurteilt wissen. Er kann es nicht weiter von diesen Ingredienzen reinigen, als er selbst davon rein ist.“

[Ludwig Wittgenstein im Vorwort zu „Philosophische Bemerkungen“, November 1930]

 

Wissen und sagen

„78. Vergleiche wissen und sagen:

wieviele m hoch der Mont-Blanc ist –

wie das Wort „Spiel“ gebraucht wird –

wie eine Klarinette klingt.

 

Wer sich wundert, daß man etwas wissen könne, und nicht sagen, denkt vielleicht an einen Fall wie den ersten. Gewiß nicht an einen wie den dritten.“

[Ludwig Wittgenstein, 1945 in Philosophische Untersuchungen, § 78]

Kein Weg zu weit

„Wieviele Kilometer bin ich in meinem Leben schon gegangen?“

Eine nur im ersten Augenblick harmlos anmutende kindliche Frage.

Wittgenstein würde sagen:

„Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so kann sie auch beantwortet werden.“

[Tractatus logico-philosophicus, unter 6.5., 1918]

 

Ich denke nicht, dass er recht hat.

Heute: das ist dein Leben

„Alles, was deine Hand zu tun findet, das tue in deiner Kraft! Denn es gibt weder Tun noch Berechnung, noch Kenntnis, noch Weisheit im Scheol, in den du gehst.

Ferner sah ich unter der Sonne, dass nicht die Schnellen den Lauf gewinnen und nicht die Helden den Krieg und auch nicht die Weisen das Brot und auch nicht die Verständigen den Reichtum und auch nicht die Kenntnisreichen die Beliebtheit, sondern Zeit und Geschick trifft sie alle.

Denn auch kennt der Mensch seine Zeit nicht.“

[aus dem Alten Testament, Buch „Kohelet“, Kapitel 9, Jahrhunderte v. Chr.]

 

 

„6.4311    Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht.
Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, sondern Unzeitlichkeit versteht, dann lebt der ewig, der in der Gegenwart lebt.
Unser Leben ist ebenso endlos, wie unser Gesichtsfeld grenzenlos ist.
                       
6.4312    Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heißt also ihr ewiges Fortleben auch nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, dass ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt außerhalb von Raum und Zeit.(Nicht Probleme der Naturwissenschaft sind ja zu lösen.)“

[Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, 1918]

Schnee ist weiß

Wenn man den „Tractatus“ von Wittgenstein liest, fühlt man sich wie in einer Fabrikhalle: Die einzelnen Sätze hämmern sich wie Maschinen ins Gedächtnis; gleichmäßig und irgendwie laut. Am Ende angekommen, musste ich dann aber doch schmunzeln und an eine Blumenwiese denken 🙂

„6.54  Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)
Er muss diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.“

[Ludwig Wittgenstein, „Tractatus logico-philosophicus“, 1918]