Schlagwort-Archiv: Tieck

trockne, dürre und erbärmliche Welt

„… da es für mich immer wahrer wird, dass der bessere Mensch unmöglich in dieser trocknen, dürren, erbärmlichen Welt leben kann – er muß sich eine Ideenwelt erschaffen, die ihn beglückt, und dann kann er mit kaltem Auge auf alles sogenannte Glück des kleinen, sich selbst lebenden Menschen herabsehn […] – eine Seligkeit, für die jene Egoisten keinen Sinn haben, die sie nicht ahnden – o, ich habe nie so viele Kraft, so viel Mut in mir gefühlt als itzt –  aber was soll mir dies alles in Deutschland?“

Ludwig Tieck, 1792 in einem Brief an den Freund Wilhelm Heinrich Wackenroder

[zitiert nach Günzel, Klaus, „König der Romantik. Das Leben des Dichters Ludwig Tieck in Briefen, Selbstzeugnissen und Berichten“, Berlin, 1981, S. 110]

damals … heute

„Das Menschchen ist ein veränderlich Ding, das ist schon eine sehr alte Sage. – Noch vor einigen Jahren, wie konnt‘ ich da den Tag nicht erwarten, wenn eine Reise ausgemacht war, wie konnt‘ ich mehrere Nächte nicht schlafen, wie horcht‘ ich, wenn der Wagen herbeirollte, mein Herz klopfte, mir war, als müßte mich die ganze Stadt beneiden, – und jetzt bin ich gegen diese, sonst meine größte Freude so kalt. Ich erwarte ganz gelassen die Stunde der Abreise, ganz trocken überlasse ich mich der Zeit, wie sie mich von einem orte zum andern bringen will, so sehr entzückt mich keine Gegend mehr, als in meiner Kindheit, die schönsten Blüthen der Phantasie sind bei mir schon lange abgefallen.“

Ludwig Tieck 1793 in einem Brief an seinen Freund August Ferdinand Bernhardi und seine Schwester Sophie Tieck

[in Wackenroder, Wilhelm Heinrich; hg. von Littlejohns, Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, Heidelberg, 1991, S. 260]