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wie wir die Wirklichkeit gliedern

„Weitaus die meisten Dinge und Vorgänge interessieren uns nur durch das, was sie mit anderen gemein haben und daher achten wir auch nur auf dieses Gemeinsame, obwohl tatsächlich jeder Teil der Wirklichkeit von jedem anderen individuell verschieden ist und nichts in der Welt sich genau wiederholt. …

Andererseits aber erschöpft die generalisierende Auffassung das, was uns an unserer Umgebung interessiert und was wir daher auch von ihr kennen, keineswegs. Dieser oder jener Gegenstand kommt vielmehr gerade durch das für uns in Betracht, was ihm allein  eigentümlich  ist und was ihn von allen anderen Objekten unterscheidet. Unser Interesse und unsere Kenntnis bezieht sich dann also gerade auf seine  Individualität,  auf das, was ihn unersetzlich macht und wenn wir auch wissen, daß er sich ebenso wie andere Objekte als Exemplar eines Gattungsbegriffes auffassen  läßt,  so  wollen  wir ihn doch nicht als gleich mit anderen Dingen ansehen, sondern ihn ausdrücklich aus seiner Gruppe herausheben, was sprachlich darin seinen Ausdruck findet, daß wir ihn nicht mit einem Gattungsnamen, sondern mit einem Eigennamen bezeichnen.

… Der dargestellte Unterschied muß das Interesse der Logik in hohem Maß erregen.“

[Heinrich Rickert in „Geschichtsphilosophie“ in Windelband: Die Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Kuno Fischer, Heidelberg, 1907]