Schlagwort-Archiv: Kinder

fromm und frech

Es singen und klingen die Wellen

Des Frühlings wohl über mir;

Und seh ich so kecke Gesellen,

Die Tränen im Auge mir schwellen –

Ach Gott, führ uns liebreich zu Dir!

Nicht alle Romantiker hatten dieses fast kindliche Gottvertrauen. Das ist das Besondere bei Eichendorff. Mit seinem Gott ist er seit der Kindheit bekannt geblieben, er ist der Gott seiner heimatlichen Wälder, kein Gott der Spekulation und Philosophie. Es ist ein Gott, den man nicht zu erfinden braucht, man kann ihn wiederfinden, wenn man den Träumen seiner Kindheit die Treue hält. Unter dem Schutz dieses Gottes kann man fromm sein und frech, voller Heimweh und Fernweh, zugleich entfesselt und gebunden; vielleicht entfesselt, weil gebunden. So war es bei Eichendorff.

[Rüdiger Safranski in „Romantik. Eine deutsche Affäre“, München, 2007, S. 212/213 – die Strophe des Gedichts stammt von Joseph von Eichendorffs „Frühlingsfahrt„]

 

Kinder…

„haben gegenüber Erwachsenen einen unschätzbaren Vorteil: Sie richten ihr Handeln nicht ständig an einem schon vorab gegebenen Sinn aus, sondern lassen sich vorurteilslos auf das Erleben des unendlichen Potenzials der Gegenwart ein.

Und diese Offenheit lohnt sich. Denn wenn die üblichen Denkschablonen fallen, öffnet sich der Blick für die außergewöhnlichen, verstörenden und mitunter auch wunderbaren Seiten des Daseins.“

[Ulrich Schnabel im Artikel „Wundert euch! Eine Hamburger Ausstellung lehrt, das Außergewöhnliche im Selbstverständllichen zu entdecken“, ZEIT-Ausgabe vom 6. Oktober 2011, S.64]

Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.

„Was ist mein Traum? Die Musik, das Theater, die Poesie – kurz: die Kunst – transportieren die Menschen jenseits ihrer selbst. Die Kunst hat Waffen, welche der analytische Verstand nicht besitzt: Sie wühlt den Zuhörer, Zuschauer in seinem Innersten auf, durchdringt auch die dickste Betondecke des Egoismus, der Entfremdung und der Entfernung. Sie trifft den Menschen in seinem Innersten, bewegt in ihm ungeahnte Emotionen.

Und plötzlich bricht die Defensiv-Mauer seiner Selbstgerechtigkeit zusammen. Der neoliberale Profitwahn zerfällt in Staub und Asche. Ins Bewusstsein dringt die Realität, dringen die sterbenden Kinder. Wunder könnten in Salzburg geschehen: Das Erwachen der Herren der Welt. Der Aufstand des Gewissens! Aber keine Angst, dieses Wunder wird in Salzburg nicht geschehen! Ich erwache. Mein Traum könnte wirklichkeitsfremder nicht sein! Kapital ist immer und überall und zu allen Zeiten stärker als Kunst. ‚Unsterbliche gigantische Personen‘ nennt Noam Chomsky die Konzerne….“

[Jean Ziegler in der Süddeutschen Zeitung am 24.7.2011 unter dem Aritkel „Nichtgehaltene Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele“]

 

darwin lässt grüßen

„Unsere Gesellschaft ist dringend auf jedes einzelne Kind angewiesen – aber es wird so getan, als ginge es immer nur um die Stärksten und Schlausten. Als könnten wir auf alle anderen Kinder verzichten.“

[Henning Sussebach in „Liebe Marie“, einem offenen Brief über den „bildungspolitischen Irrsinn“ des G-8-Gymnasiums an seine zehnjährige Tochter, in der ZEIT vom 26. Mai 2010]