„Die Bibel [ ] beginnt beide Schöpfungsberichte, indem sie auf die Erde Bezug nimmt: ‚Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde‘ (Gen. 2,4). Nicht das Schicksal eines oder mehrerer Götter zählt hier, sondern dass des Menschen, der als Krone der Schöpfung erscheint. Die Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde, vom Menschen, die Erzählungen der Stammväter und Stammütter dienen nur als Einführung zu dem einen, alles überragenden Ereignis, der Offenbarung Gottes an den Menschen am Berge Sinai. In einer kühnen Exegese von Jesaja 43,10 heißt es: ‚Wenn ihr meine Zeugen seid, bin ich Gott, wenn ihr nicht meine Zeugen seid, bin ich nicht Gott.‘ (Pesikta de R-Kahana 102b). Das ist der Grund, weshalb das Judentum als ehtischer Monotheismus definiert wird. Das Sittliche steht im Mittelpunkt dieser Lehre. Das Schicksal ist dem Menschen nicht auferlegt, vielmehr geht an ihn das Gebot, es zu bewältigen.“
[Nathan Peter Levinson, „Einführung in die jüdische Religion“ in: Manfred Treml (Hg.), Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Aufsätze, München, 1988, S. 15]