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Wahrheit contra Zeitgeist

„Für die philosophische Wahrheit, wie im Grunde für jede andere giebt es äußerlich nur Ein Criterium: die allgemeine Einstimmung, die Evidenz, mit der sie Jeden zwingt zu ihrer Anerkennung, welcher sie, bei angemessener Vorbildung, unpartheiisch prüfend in sich nachkonstruirt. Es kommt also nur darauf an, eine allgemeine unpartheiische Prüfung für eine neue Lehre zu erhalten: und wir werden eines vollgültigen Urtheils über dieselbe gewiß sein können.

Freilich wird hiezu die Bestimmung der denkenden Köpfe einer bestimmten Zeit, eines einzelnen Volkes noch nicht genügen: denn in Folge besonderer Conjunkturen kann eine falsche Gedankenverknüpfung für einen gewissen Zeitraum so aller Geister sich bemächtigt haben, daß sie jeden Versuch zu ihrer Prüfung sogleich herrisch unterdrückt;…“

[Friedrich Eduard Beneke in „Kant und die philosophische Aufgabe unserer Zeit. Eine Jubeldenkschrift auf die Kritik der reinen Vernunft“, 1832]

Mich verwundert (und erschreckt zum Teil) wie im aufgeklärten 19. Jahrhundert Menschen abgebügelt wurden, die sich gedanklich auf neue Wege fern des Mainstreams begaben. Beeindruckend wie idealistisch dabei Friedrich Eduard Beneke blieb. Er meinte auch mal „niemand steht so niedrig, daß ich nicht gern von ihm lernen möchte“. Das erinnert an einen schönen Satz aus dem Talmud: „Wer ist weise? Der von allen Menschen lernt.“