„Der gesunde Verstand ist das, was in der Welt am besten vertheilt ist; denn Jedermann meint damit so gut versehen zu sein, dass selbst Personen, die in allen anderen Dingen schwer zu befriedigen sind, doch an Verstand nicht mehr, als sie haben, sich zu wünschen pflegen.
Da sich schwerlich alle Welt hierin täuscht, so erhellt, dass das Vermögen, richtig zu urtheilen und die Wahrheit von der Unwahrheit zu unterscheiden, worin eigentlich das besteht, was man gesunden Verstand nennt, von Natur bei allen Menschen gleich ist, und dass mithin die Verschiedenheit der Meinungen nicht davon kommt, dass der Eine mehr Verstand als der Andere hat, sondern dass wir mit unseren Gedanken verschiedene Wege verfolgen und nicht dieselben Dinge betrachten.
Denn es kommt nicht blos auf den gesunden Verstand, sondern wesentlich auch auf dessen gute Anwendung an. Die grössten Geister sind der grössten Laster so gut wie der grössten Tugenden fähig, und auch die, welche nur langsam gehen, können doch weit vorwärts kommen, wenn sie den geraden Weg einhalten und nicht, wie Andere, zwar laufen, aber sich davon entfernen….“
[René Descartes in Abhandlung über die Methode, richtig zu denken und Wahrheit in den Wissenschaften zu suchen; 1637. Text nach der Übersetzung durch Julius Heinrich von Kirchmann von 1870]
Ich glaube, er meint das gar nicht ironisch.