„‚In der Tat ist eine der kaum beachteten Stärken des Christentums im späten vierten Jahrhundert die Feinfühligkeit, mit der es in seinem Denkmodell der Beziehungen zur anderen Welt die soziale Erfahrung des zeitgenössischen Römischen Reiches nachzubilden (replicate) vermochte. Was wir häufig am isolierten Detail als zahlreiche Beispiele literarischer, gesetzgeberischer und ikonographischer Anleihen an die säkulare Welt studieren, fügt sich, alles zusammengenommen, zu einem Schlüssel des Erfolgs der christlichen Kirche: Denn das Christentum konnte sich in Begriffen ausdrücken, die sich sehr schnell von der archaischen Sprache früherer Generationen lösten und frei machten; und eben dadurch gewann die christliche Frömmigkeit den unschätzbaren Vorteil, fest in der Erfahrung des Alltagslebens verwurzelt zu sein.“
[Peter Brown in „Die Heiligenverehrung. Ihre Entstehung und Funktion in der lateinischen Christenheit“, übersetzt und bearbeitet von Johannes Bernard, Leipzig, 1991, S. 66]